Im Berliner Abgeordnetenhaus herrscht keine Einigkeit über die Frage eines AfD-Verbotsverfahrens. SPD, Grüne und Linke fordern vom Senat, sich bei der Bundesregierung und im Bundesrat für ein solches Verfahren einzusetzen. Die CDU-Fraktion stellte sich gegen ein Verbotsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt - naturgemäß auch die AfD selbst.
«Ich bin sicher, dass von der AfD die größte Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung seit 1949 ausgeht», sagte die Linke-Fraktionsvorsitzende Anne Helm. Sie erinnerte an den Aufstieg der Nationalsozialisten vor ihrer Machtergreifung 1933 und warnte vor einem ähnlichen Szenerio heute.
«Braune Soße»
Der SPD-Abgeordnete Jan Lehmann sagte: «Die AfD ist verfassungsfeindlich, weil sie rechtsextremistisch ist.» Da bilde der Berliner Landesverband der AfD keine Ausnahme. «Die braune Soße der Bundespartei tropft auch auf die Berliner Landespartei.» Die AfD sei ein Sammelbecken von Demokratiefeinden und müsse verschwinden.
Der Grünen-Abgeordnete Ario Mirzaie plädierte ebenfalls für ein AfD-Verbot. «Es müssen jetzt dienstrechtliche Konsequenzen folgen für Beschäftigte im Staatsdienst. Eine Aufgabe, vor der sich der Senat aktuell noch wegduckt, namentlich die Finanzverwaltung als federführendes Ressort.» Nötig seien klare Konzepte und Zuständigkeiten, wie mit Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst umgegangen werde, so Mirzaie.
CDU skeptisch
Der CDU-Abgeordnete Stephan Lenz verwies darauf, dass ein mögliches Verbotsverfahren Jahre dauern dürfte. Das werde der AfD viel Raum geben, sich als Opfer darzustellen. Es gebe auch ein hohes Risiko für ein Scheitern: Dadurch werde die AfD womöglich am Ende gestärkt.
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker hielt dem entgegen: «Der Aufstieg der AfD ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte.» Sie bezeichnete die Befürworter eines Verbotsverfahrens als Antidemokraten und warf ihnen vor: «Sie wollen den demokratischen Wettbewerb aushebeln, Sie wollen die Meinungsfreiheit aushebeln.»
Hochstufung durch den Verfassungsschutz
Die Rufe nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens waren in Deutschland lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD Anfang Mai als «gesichert rechtsextremistische Bestrebung» hochgestuft hatte. Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr - bis zu einer Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung deswegen auf Eis gelegt und führt die AfD erst einmal weiter nur als sogenannten Verdachtsfall.
Mehrere Möglichkeiten für Verbotsantrag
Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Für ein Verbot reicht es nicht aus, dass eine Partei verfassungsfeindliche Meinungen vertritt. Sie muss diese auch aktiv und aggressiv-kämpferisch verfolgen. Zudem muss das Erreichen dieser verfassungsfeindlichen Ziele zumindest möglich erscheinen.
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten