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Darf aus Totenasche ein Diamant werden? Was die Politik sagt

Eine kleine Menge der Asche eines Verstorbenen reicht aus, um daraus einen synthetischen Diamanten herzustellen. In Rheinland-Pfalz ist das nach einer Liberalisierung des Bestattungsrechts möglich. (Archivfoto) / Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Eine kleine Menge der Asche eines Verstorbenen reicht aus, um daraus einen synthetischen Diamanten herzustellen. In Rheinland-Pfalz ist das nach einer Liberalisierung des Bestattungsrechts möglich. (Archivfoto) / Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Urne im Wohnzimmer, Erinnerungsstück aus Asche oder Friedhofspflicht: Kommt nach der Liberalisierung in Rheinland-Pfalz auch in Brandenburg Bewegung ins Bestattungsrecht?

Ein Erinnerungsdiamant aus der Asche Verstorbener? Laut Brandenburger Bestattungsrecht ist das verboten. Doch gerade nach der Liberalisierung in Rheinland-Pfalz wird wieder über den Friedhofszwang diskutiert. In Brandenburg denkt die Regierungsfraktion vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über Reformen nach, wie aus einer Anfrage der dpa hervorgeht. Der Koalitionspartner SPD zeigt sich zumindest offen für eine neue Debatte. Die oppositionelle CDU verteidigt den Friedhof als «Ort der Würde». 

Was nach dem Tod erlaubt ist und was tabu

In Rheinland-Pfalz dürfen künftig aus der Asche von gestorbenen Menschen Diamanten hergestellt werden. Auch die private Aufbewahrung der Asche zu Hause und eine Flussbestattung sind in dem Bundesland nun möglich.

Anders in Brandenburg: Das Innenministerium in Potsdam verweist darauf, dass der Friedhofszwang - also ein Grab als letzte Ruhestätte - dem Respekt und der Würde des Menschen diene. «Dort kann durch alle Angehörigen, Freunde und Bekannte seiner gedacht werden. Ohne die Bestattungspflicht wäre nicht auszuschließen, dass Angehörige die Totenasche unkontrolliert verstreuen, aus wirtschaftlichen Gründen auf eine Bestattung verzichten oder die Totenasche gar der Abfallentsorgung zuführen.»

Nach dem Brandenburger Bestattungsgesetz dürfen Leichen nur auf Friedhöfen in der Erde oder etwa auch in einer unterirdischen Gruft bestattet werden. Bei der Feuerbestattung ist die Beisetzung in einer Urne in der Erde oder in einer Urnenwand oder -stele erlaubt. 

Die Asche kann auch auf einer Wiese, die speziell dafür vorgesehen ist, verstreut werden. Auch eine Beisetzung auf «hoher See», wie es im Bestattungsgesetz heißt, ist möglich, wenn das der Wunsch der gestorbenen Person ist. 

Brandenburgs Gesetz verbietet Schmuck aus Totenasche - das hatte der Landtag 2018 nach kontroverser Debatte beschlossen. Wer es dennoch versucht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. 

Im Hinblick auf Respekt und Würde dürften aus toten Menschen keine Dinge gemacht werden, hatte es bei der Gesetzesänderung 2018 geheißen. Andernfalls werde einer kommerziellen Verwertung «des zu einem Gegenstand gemachten verstorbenen Menschen» die Tür geöffnet, teilte das Innenministerium zur Begründung mit. Plant die Politik künftig Änderungen in Brandenburg?

BSW peilt Lockerungen an 

Der BSW-Landtagsabgeordnete und Finanzminister Robert Crumbach sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir halten Lockerungen nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz für angezeigt.» Klarheit über einen konkreten Vorstoß im Landtag gibt es bislang aber noch nicht. Das Thema sei sensibel und müsse gut vorbereitet werden, hieß es. Bei Facebook wandte sich Crumbach vor rund zwei Wochen an seine Follower mit der Frage, was sie von einer Liberalisierung nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz halten.

SPD-Fraktionschef hält Bürgerrat für geeignete Plattform

«Mir ist derzeit kein aktueller Vorstoß bekannt, das Bestattungsrecht in Brandenburg zu ändern. Ich denke aber, dass sich unsere Fraktion einer solchen Diskussion nicht verschließen würde», sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Lüttmann. 

Er könnte sich - gerade mit Blick auf die Erfahrungen aus den Debatten von 2018 - auch vorstellen, dass das neu etablierte Format des Bürgerrats eine geeignete Plattform wäre, «um eine solche ethische Frage breit und verantwortungsvoll mit zu beraten». In Brandenburg soll es künftig Bürgerräte geben, in denen sich Menschen mit gesellschaftlich relevanten Themen befassen und Vorschläge dazu an die Politik machen.

Bei der Frage, ob Angehörige Erinnerungsstücke aus Totenasche fertigen lassen dürfen, ging 2018 ein Riss quer durch die Fraktionen. Die Abstimmung wurde zu Gewissensfrage. 

CDU: Urne im Wohnzimmer keine würdevolle Gedenkkultur

«Nicht alles, was technisch möglich oder modern erscheint, ist richtig», sagte der Fraktionsvorsitzende der oppositionellen CDU im Landtag, Jan Redmann. «Urnen im Wohnzimmer oder das Verarbeiten von Asche zu Schmuck entsprechen nicht unserem Verständnis einer würdevollen Gedenkkultur.» Ein Bestreben aus der Mitte der Gesellschaft, das Bestattungsrecht erneut zu ändern, sei in Brandenburg momentan nicht zu erkennen.

Die AfD im Landtag, die Reformen nicht für angebracht hält, teilte mit: «Bestattung, Trauer und die Würde der Verstorbenen sind Ausdruck tief verwurzelter kultureller und religiöser Werte. Sie berühren Fragen von Kultur, Psychologie und Identität - und sollten nicht durch kurzfristige Modernisierungsbestrebungen, dem unsteten Zeitgeist oder durch wirtschaftliche Überlegungen über den Haufen geschmissen werden.»

Wie steht die Kirche zu einer Liberalisierung des Bestattungsrechts?

Auch die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hält wenig von Urnen im Wohnzimmer oder dem Diamanten aus Asche. «Verstorbene "gehören" niemand und niemand hat das Recht, andere vom Gedenken an einen Verstorbenen auszuschließen», hieß es auf Anfrage von der EKBO. «Deshalb halten wir öffentlich zugängliche Orte des Totengedenkens, wie es Friedhöfe seit Jahrhunderten darstellen, für wichtig und stehen Tendenzen der Individualisierung des Gedenkens oder der Vereinnahmung des Toten durch Einzelne zurückhaltend gegenüber.»

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