Die Grünen wollen im anstehenden Bundestagswahlkampf fair und sachlich mit dem politischen Gegner umgehen. In Zeiten eines zunehmenden Verfalls der politischen Kultur wolle man mit Anstand in den Wahlkampf ziehen, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beim Landesparteitag der Brandenburger Grünen in Cottbus. «Wir werden uns an einem Wahlkampf, der darauf abzielt, den demokratischen Mitbewerber kleinzumachen und im Zweifel sogar mit Dreck zu bewerfen, nicht beteiligen», sagte sie.
Baerbock: Grüne stehen für gradlinige Politik
Bei den vergangenen Landtagswahlen hätten einige Parteien verbal gegen die Grünen geschossen, um kurzfristig Stimmen abzustauben, erklärte Baerbock. Diese Parteien seien nicht bereit, über den Tag hinauszudenken. Das Miteinander in der Gesellschaft werde von innen angegriffen. «Deshalb braucht es eine gradlinige Politik», sagte die Ministerin.
Keine Angriffe «unterhalb der Gürtellinie»
Auch der neue Parteivorsitzende der Grünen im Bund, Felix Banaszak, erklärte, man werde versuchen, in der Sache hart zu kämpfen, ohne dabei den Anstand zu verlieren. «Angriffe unter der Gürtellinie wird es von uns nicht geben.»
Partei will im Bund wieder Schwung holen
Mit Blick auf die Schlappe der Grünen bei der Brandenburger Landtagswahl nahm Banaszak den Landesverband in Schutz. Der Gegenwind sei nicht die «Reaktion auf eure Arbeit», sagte er zu den Delegierten in Cottbus. Das Ergebnis spiegele vielmehr wider, dass viele Menschen die Grünen im Bund ablehnten. Nun wolle man wieder für Rückenwind sorgen. Bei der Landtagswahl im September in Brandenburg waren die Grünen unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben.
Brandenburger erkennen eigene Fehler an
Die ehemalige Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher benannte aber auch Fehler des Landesverbandes. Die Grünen sei zu stark «evidenzbasiert», sagte Nonnemacher in der Cottbuser Stadthalle. Zudem habe man sich im Wahlkampf zu sehr auf die AfD fokussiert, anstatt eigene Inhalt in den Mittelpunkt zu rücken.
Suche nach feineren Antennen
Es reiche nicht, nur Lösungen anzubieten, man müsse auch die Stimmungen und Schwingungen dahinter in den Blick nehmen, fügte Nonnemacher hinzu. Die Grünen müssten wieder eine Partei werden, die glaubhaft Hoffnung vermittle. Es gehe darum, für die breite Bevölkerung außerhalb der eigenen Klientel «feinere Antennen» zu entwickeln, sagte Nonnemacher.
Baerbock auf Platz 1 der Landesliste
Beim Parteitag wählten die Delegierten auch die Landesliste für die Bundestagswahl. Annalena Baerbock führt die Liste auf Platz 1 an - rund 92 Prozent der 131 anwesenden Stimmberechtigten stimmten ihrer Bewerbung zu. Auf Platz 2 folgt der aktuelle Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner.
Scharfe Kritik an SPD und FDP
Beim Parteitag gab es immer wieder Vorwürfe gegen den Politikstil anderer Parteien. Die Grünen-Landesvorsitzende Alexandra Pichl bezeichnete etwa den Rauswurf der ehemaligen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher vor wenigen Tagen durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) als «politische Hinrichtung».
Banaszak äußerte nach dem Ampel-Bruch im Bund erhebliche Zweifel an der Aufrichtigkeit von FDP-Chef Christian Lindner. Dieser hatte behauptet, nichts von dem vorgefertigten «D-Day»-Strategiepapier gewusst zu haben. In dem Papier wird ein Szenario für den Ausstieg der FDP aus der Ampel beschrieben.
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