Die SPD in Brandenburg steckt im Dauerstreit um ihre Innenministerin Katrin Lange fest. An der Basis gibt es Unruhe. Einige Abgeordnete der SPD im Landtag kritisieren das Vorgehen Langes im Umgang mit dem Verfassungsschutz und haben weiteren Klärungsbedarf. Am Abend diskutiert der SPD-Landesvorstand darüber - in vertraulicher Runde. «Die Hütte brennt», hieß aus Kreisen der SPD-Landtagsfraktion am Nachmittag.
Wie groß wird die Belastung vor dem SPD-Landesparteitag?
Brisant ist die Lage auch, weil im Juni der Landesparteitag mit Wahlen des SPD-Vorstandes ansteht. Lange, bisher Stellvertreterin von Ministerpräsident Dietmar Woidke an der Spitze der Landespartei, solle nicht mehr antreten, ist von Kritikern hinter vorgehaltener Hand zu hören.
Seit eineinhalb Wochen steht die Innenministerin in der Kritik, weil Zweifel an ihrer Darstellung zur Entlassung des Verfassungsschutzchefs und der Hochstufung der AfD in Brandenburg als gesichert rechtsextremistisch laut wurden.
Die Jusos in Brandenburg dringen offen auf Konsequenzen: «Wir sind der Überzeugung, sollte Ministerin Lange an ihrer bisherigen, unzureichenden Begründung für ihre Entscheidungen festhalten, ist es unausweichlich, dass die SPD-Landtagsfraktion ihr das Vertrauen entzieht», sagte der Juso-Landesvorsitzende Leonel Richy Andicene in einer Mitteilung. Am Wochenende will sich die SPD-Jugendorganisation bei einer Landesdelegiertenkonferenz mit der Verfassungsschutz-Affäre befassen.
Juso-Unterbezirk fordert Rücktritt
Die Jusos im Unterbezirk Potsdam forderten in einer Stellungnahme, Brandenburgs SPD-Innenministerin solle zurücktreten. «Die jüngsten Geschehnisse im Zusammenhang mit der Abberufung von Verfassungsschutz-Chef Jörg Müller sind für uns aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.» Langes Kritiker vermuten, sie habe die Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung verzögern wollen.
Zur Entlassung des Verfassungsschutzchefs Jörg Müller in der vergangenen Woche hatte Lange zur Begründung gesagt, sie sei von ihm erst drei Wochen nach der Einstufung der Landes-AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung unterrichtet worden. Das notwendige Vertrauen zu Müller sei deswegen nicht mehr gegeben. An der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung wurden Zweifel laut.
Ministerpräsident Woidke stellte sich klar hinter seine Ministerin, die auch oft als seine Nachfolgerin im Amt gehandelt wurde. Aus Fraktions-Kreisen ist aber auch zu hören, die Abgeordneten bekämen Druck der Basis zu spüren. Innenministerin Lange selber äußerte sich seit Tagen nicht mehr öffentlich zu der Verfassungsschutz-Affäre. Die CDU-Oppositionsfraktion will den Streit zum Thema einer aktuellen Stunde in der Landtagssitzung kommende Woche machen.
Kritik an Erklärung der Ministerin
Die Jusos forderten die SPD-geführte Landesregierung und die Landtagsfraktion auf, umfassend für Transparenz und Aufklärung zu sorgen. «Die bisherigen Erklärungen von Innenministerin Katrin Lange
- sowohl innerparteilich als auch öffentlich - erscheinen uns mangelhaft, um diesen gravierenden Schritt nachvollziehbar zu begründen», so die Jusos.
Kurs für Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes gefordert
Das Vorgehen der Innenministerin löst auch eine Debatte über die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes aus. Lange sagte, sie habe eine Dienstanweisung von 2023 nicht gekannt, wonach der Leiter des Verfassungsschutzes die letztliche Entscheidung über die Bewertung der AfD treffen kann. Sie änderte nach der Entlassung Müllers diese Regelung, so dass künftig das letzte Wort bei besonders wichtigen Fällen bei ihr liegt.
Daran entzündet sich Kritik auch bei Abgeordneten, die eine Stärkung der Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes wollen. «Die Leitung der Abteilung muss weiterhin eigenständig über Einstufungen entscheiden dürfen. Perspektivisch muss geprüft werden, ob der Verfassungsschutz als eigenständige Behörde organisiert werden sollte», heißt es auch von den Jusos. Der Verfassungsschutz ist in Brandenburg eine Abteilung innerhalb des Innenministeriums.
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