Er soll die hilflose Lage bewusstloser Frauen ausgenutzt und Übergriffe gefilmt haben: Knapp drei Monate nach seiner Verurteilung wegen Vergewaltigung einer bewusstlosen Abiturientin steht ein 38-Jähriger erneut vor dem Berliner Landgericht. Ihm werden im aktuellen Prozess vier weitere Taten zulasten von zwei Frauen vorgeworfen. Einer der drei Verteidiger erklärte, der 38-Jährige werde zunächst keine Angaben machen.
Bei dem Angeklagten handelt es sich möglicherweise um einen Serientäter. Bei einem Schuldspruch droht dem Betriebswirt und ehemaligen Geschäftsführer auch Sicherungsverwahrung.
Der Mann war Mitte Juli zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Gerichts hat er im April 2022 eine alkoholisierte 20-Jährige zum Konsum von verschiedenen Drogen animiert und ihren desolaten Zustand ausgenutzt, um einseitig sexuelle Handlungen vorzunehmen. Den Körper der bewusstlosen Abiturientin habe er mit frauenverachtenden Worten beschmiert und mehrere Videoaufnahmen gefertigt. Das Gericht sprach von einem «verstörenden Tatbild». Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Handy-Auswertung führte zum zweiten Prozess
Im aktuellen Prozess werden dem Mann Taten in dem Zeitraum von Februar 2020 bis März 2021 vorgeworfen. Die beiden Anklagen, um die es nun geht, wurden auf Antrag der Nebenklage-Anwältinnen zum Schutz der betroffenen Frauen unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen.
Die Vorwürfe waren erst während des ersten Prozesses bekanntgeworden. Das Gericht sorgte damals dafür, dass ein Handy des Angeklagten durch die Polizei vollständig ausgewertet wurde. Es seien verdächtige Videos entdeckt worden, hieß es. Die beiden 47- und 29-jährigen Frauen seien identifiziert worden.
Bei der Polizei mit Aufnahmen konfrontiert
Als ihre Mandantinnen bei der Polizei mit Aufnahmen konfrontiert wurden, seien sie «schockiert» gewesen, so Nebenklage-Anwältin Laura Leogrande. Sie hätten bis zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, «dass sie zu Opfern geworden waren». Es gehe ihnen schlecht. Für die 29-Jährige sagte Anwältin Magdalena Gebhard: «Wir kritisieren, dass sein Handy monatelang von der Polizei nicht ausgewertet wurde.» Es gebe weitere Aufnahmen, die wohl «nicht bestimmten Frauen» zugeordnet werden konnten - «es gibt weitere Ermittlungen».
Kritik gegen Polizeibeamte wurde bereits im ersten Prozess laut – inzwischen gibt es den Angaben zufolge interne Ermittlungen gegen Berliner Polizisten. Beamte, die im Fall der Abiturientin von einer Notärztin alarmiert worden waren, sahen trotz Hinweisen auf Straftaten zunächst keinen Anlass, zu ermitteln.
Familie der Abiturientin beharrte auf Ermittlungen
Die Familie der damals 20-Jährigen, die minutenlang reanimiert werden musste, erstattete Strafanzeige und beharrte auf Ermittlungen. Die inzwischen 23-Jährige leidet bis heute unter den körperlichen und psychischen Folgen des Geschehens, an das sie keine Erinnerung hat.
Der 38-Jährige wurde im April 2025 im Gerichtssaal festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Er hatte im ersten Prozess erklärt, sexuelle Handlungen seien einvernehmlich gewesen. Für den zweiten Prozess sind bislang zehn weitere Tage bis zum 26. November terminiert.
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten