Auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt fehlt plötzlich eine Passagierin: Acht Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden ist ihr deutscher Ehemann jetzt in Italien vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden. In erster Instanz war der 52-Jährige im vergangenen Jahr noch zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Rom kam nun jedoch zu dem Urteil, dass es keinen Anhaltspunkt für einen Mord gebe, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Der IT-Experte, der eigentlich aus dem brandenburgischen Eberswalde kommt, lebt mittlerweile in Irland. Er beteuert seit jeher seine Unschuld. Seine Gefängnisstrafe hatte er noch nicht antreten müssen. Von seiner chinesischen Frau, die im Februar 2017 bei ihrem Verschwinden 38 Jahre alt war, fehlt weiterhin jede Spur. Eine Leiche wurde bislang allerdings auch noch nie gefunden. An Spekulationen, was damals geschehen sein könnte, fehlt es nicht.
Erst Besatzung bemerkt das Verschwinden
Der Fall hatte im Frühjahr 2017 für viele Schlagzeilen gesorgt. Das Paar ging damals im italienischen Hafen Civitavecchia in der Nähe von Rom an Bord des Kreuzfahrtschiffs «MSC Magnifica», um ein paar Tage auf dem Mittelmeer zu verbringen. Dabei waren auch die beiden kleinen Söhne im Alter von vier und sechs Jahren. Zuletzt wurde das Paar bei einem Zwischenstopp im italienischen Hafen Genua gesehen.
Als das Schiff nach weiteren Stationen in Malta und Griechenland wieder in Civitavecchia anlegte, war die Frau jedoch nicht mehr an Bord. Das fiel allerdings erst auf, als die Besatzung die Passagiere zum Ende der zehntägigen Reise nochmals abzählte. Erst dann berichteten Crew-Mitglieder, dass sie die Frau schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen hätten.
Nie eine Leiche gefunden
Der Deutsche, der auch die irische Staatsbürgerschaft hat, wurde auf dem Heimweg auf einem Flughafen in Rom festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Sofort gab es Spekulationen, dass er seine Frau umgebracht und über Bord geworfen haben könnte. Dagegen lautete seine Darstellung, dass die Chinesin bei einem Stopp in Griechenland von Bord gegangen sei - was sie auch früher schon gemacht habe.
Später war auch von einer Ehekrise die Rede. Die Frau soll nach Medienberichten vor der Kreuzfahrt auch erklärt haben, dass sie ihrer Kinder «müde» sei. Die Ermittler erhofften sich dann Aufschluss von den vielen Überwachungskameras des Schiffes - aber ohne Erfolg. Der Deutsche saß dann zunächst 14 Monate in Untersuchungshaft, bevor er freigelassen wurde und nach Irland zurückkehren konnte.
Viele Spekulationen über das Verschwinden
Anschließend wurde er von irischen Zeitungen auch mit den Worten zitiert: «Ich glaube, jemand könnte sie getötet haben. Vielleicht wusste sie etwas.» Seine Frau habe aber auch Depressionen gehabt. Dies sorgte für Spekulationen über einen Suizid. Einige Zeit nach dem Verschwinden wurde ein Koffer mit einer asiatischen Frauenleiche aus dem Mittelmeer gezogen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Vermisste. Im Mai vergangenen Jahres erging dann in Abwesenheit des Angeklagten das erste Urteil.
Das Berufungsgericht begründete die Aufhebung nun damit, dass der Tatbestand des Mordes nicht vorliege. Die Staatsanwaltschaft hatte verlangt, die 26 Jahre Haft zu bestätigen. Die beiden Verteidiger des Deutschen, Luigi Conti und Laura Camomile, äußerten sich zufrieden. Das Urteil in erster Instanz sei aufgehoben worden, weil es «ohne die geringste logisch-juristische Begründung» verhängt worden sei.
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