Wer in Brandenburg wegen bestimmter Corona-Regeln einen Bußgeldbescheid erhalten hat, kann derzeit trotz Entscheidungen des Verfassungsgerichts nicht automatisch mit einer Aufhebung rechnen. Gesundheitsministerin Britta Müller (BSW) verwies auf eine Landtagskommission, die sich unter anderem mit einem Amnestiegesetz beschäftigt.
Das Verfassungsgericht des Landes hatte in drei Entscheidungen einzelne Corona-Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger für nichtig erklärt. Die Landtagsmehrheit wies einen Antrag der AfD-Fraktion zurück, der fordert, Bußgeldbescheide auf Grundlage bestimmter Maßnahmen aufzuheben und schon gezahlte Bußgelder zurückzuzahlen.
«Die Landesregierung wird also nicht ad hoc Bußgeldbescheide, die infolge einer Rechtsverordnung erlassen wurden und nun in Teilen durch Beschlüsse des Verfassungsgerichts für nichtig erklärt wurden, aufheben», sagte die Ministerin. «Wir haben uns für ein parlamentarisches Verfahren entschieden. Die Enquete-Kommission bereitet es vor.» Die Landesregierung müsse sich aber selbstverständlich berechtigter Kritik stellen, wenn Maßnahmen zu unbestimmt und damit rechtswidrig gewesen seien.
AfD will Rückerstattung der Bußgelder
Die AfD-Fraktion forderte, dass alle betroffenen Bußgeldverfahren aufgehoben und die gezahlten Bußgelder zurückerstattet werden - und zwar ohne Antrag der Betroffenen.
«Die Bürger dürfen nämlich nicht für Fehler eines Staates haften», sagte der Abgeordnete Lars Hünich. Die Regierung zahle sie aber nicht zurück. «Das ist Willkür mit Aktenzeichen», sagte er.
Die AfD lehnt die Corona-Maßnahmen grundsätzlich ab und zweifelt die Notwendigkeit zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger während der Pandemie an.
BSW: Betroffene können gegen Bescheide vorgehen
Die SPD-Politikerin Sina Schönbrunn betonte mit Blick auf die Kritik der AfD: «Das Verfassungsgericht hat keine pauschale Verfassungswidrigkeit der Corona-Politik festgestellt.»
Der Koalitionspartner BSW rief Betroffene dazu auf, gegen Bescheide vorzugehen. «Das Gerichtsurteil macht den Bescheid nicht automatisch ungeschehen», sagte der BSW-Abgeordnete Christian Dorst. «Es schafft lediglich die Grundlage für jeden Einzelnen, gegen diesen Bescheid vorzugehen.» Wer einen Bußgeldbescheid aufgrund der nun für nichtig erklärten Regelungen erhalten habe, «kann und sollte nun aktiv werden».
Gericht erklärt Maßnahmen teils für nichtig
Die Corona-Regeln zur Maskenpflicht in Läden in Brandenburg von März 2021 waren nach Auffassung des Verfassungsgerichts grundsätzlich gerechtfertigt, aber die Regelungen zu unbestimmt. Weder Kunden und Personal von Läden noch Betreiber hätten ersehen können, ob die Maskenpflicht schon angeordnet sei oder Besucher erst durch ein Hygienekonzept zur Maske verpflichtet werden sollten. Die verbundenen Bußgeldregelungen hätten daher keinen Bestand (Az.: VfGBbg 12/21). Die AfD-Klage war insgesamt aber überwiegend erfolglos.
Die Verfassungsrichter entschieden ähnlich über die Maskenpflicht für Brandenburg von Oktober 2020 (Az.: VfGBbg 87/20). Dabei ging es um das Tragen der Mund-Nase-Bedeckung in Läden, Gaststätten, bei Versammlungen oder Hochzeiten. Das Gericht verwarf auch Regelungen für Demonstrationen.
Die Richter entscheiden außerdem über die Corona-Regeln von Mai und Juni 2020 (Az.: 45/20). Die mit der Maskenpflicht verbundenen Einschränkungen der Grundrechte seien gerechtfertigt gewesen. Dagegen hätten die Vorgaben für Versammlungen und Zusammenkünfte die Versammlungsfreiheit verletzt.
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