Sven Regener und Campino von den Toten Hosen, der Regisseur und Autor Oskar Roehler und Flake von der Band Rammstein - einer der bekanntesten Literatursalons Berlins setzt alles daran, Texte und Musik zu kombinieren. Seit zehn Jahren lesen beim «Writers' Thursday» prominente Autoren und Autorinnen, Musiker und Schauspieler, darunter auch Benjamin von Stuckrad-Barre, Maxim Biller, Helene Hegemann oder Benedict Wells.
Das Besondere am vierteljährlich stattfindenden «Writers' Thursday», der von Sponsoren lebt: bis zu sechs Autoren treten im Salon über dem bekannten Restaurant Borchardt in Berlin-Mitte vor den bis zu 200 geladenen Gästen auf. Sie tragen kurze Ausschnitte aus einem aktuellen Buch vor. Viel komprimierte Literatur an einem Abend. Oder wie es der Gründer des Salons, der Journalist und Autor Rainer Schmidt formuliert: «Keine Fragen, kein langes Gerede, der pure Stoff.»
Die schnelle Abfolge der kurzen Leseeinheiten von höchstens zwölf Minuten mit vielen Stimmen und Stimmungen sorge für Aufmerksamkeit - wie bei einem Festival, meint Schmidt, der Leiter des Magazins «Frankfurter Allgemeine Quarterly» ist und selbst mehrere Romane schrieb, den Salon aber privat veranstaltet. «Wenn einen das Buch packt, findet man elf Minuten viel zu kurz und will es danach dringend selbst lesen. Wenn es langweilt, ist es nicht so schlimm, ist ja in elf Minuten vorbei.»
Für die Auswahl der Bücher und Autoren gebe es nur ein Kriterium, so Schmidt. «Was finde ich gut, wen finde ich interessant. Egal, ob Bestseller, Debütant, Exot, jünger, älter, völlig egal auch, was das Feuilleton oder Buchpreisjurys sagen.» Am liebsten sei ihm «härterer, wirklichkeitsgesättigter, origineller Stoff».
Am liebsten Stoff mit Musikbezug. «Literatur beeinflusst Musiker, Musiker inspirieren Autoren, die Musikwelt inspiriert zu neuen Geschichten», sagt Schmidt. «Ich liebe Literatur und Musik, wann immer möglich, lesen Musiker:innen aus ihren eigenen Büchern oder gibt es Livemusik oder am besten beides.»
So stehen auf der langen Liste der Auftritte auch Namen wie Wolfgang Niedecken (BAP), Inga Humpe (2raumwohnung), Alexander Hacke (Einstürzende Neubauten) oder DJ Westbam. Dazu Schauspieler wie Edgar Selge, Dietmar Bär, Heike Makatsch und Jörg Hartmann.
Insgesamt sind es inzwischen knapp 200 Namen. Größere Lese- und Konzertveranstaltungen kamen in Hamburg, Köln und Frankfurt dazu, zum Teil mit vielen hundert Besuchern. Das zehnjährige Bestehen wird in dieser Woche mit der 52. Veranstaltung und einer Party gefeiert.
Gestartet war Schmidt vor zehn Jahren mit einem kleinen Abend einiger Autoren rund um die Themen Nachtleben, Musik, Pop. «Schon an dem Abend dachte ich: Super, genau so muss das sein, das mache ich zur Serie», erinnert er sich.
Inzwischen ist der Salon bei vielen Autoren und Verlagen beliebt. «Und noch viel öfter als in den Anfangsjahren haben wir Livemusik zwischen den Leserunden, das ist großartig», sagt Schmidt. Ein Höhepunkt sei Lesung und Auftritt von Campino mit alten Original Liverpool-Songs gewesen.
Erinnerungswürdig war wohl auch der Abend mit dem französischen Bestsellerautor Frédéric Beigbeder. «Der kam extra eingeflogen und sollte nach der Pause lesen», berichtet Schmidt. «Er hatte aber vorher im Hotel nebenan anscheinend so intensiv gefeiert, dass er sich nur mit größter Mühe und unter lautstarken Anfeuerungsrufen seiner Feierfreunde in der ersten Reihe durch den Text kämpfen konnte.»
Einen besonderen Wunsch hat der Musikfreund Schmidt: «Es wäre natürlich großartig, Patti Smith mit ihrer im Herbst erscheinenden Biografie "Bread of Angels – Die Geschichte meines Lebens" begrüßen zu dürfen - aber das ist wahrscheinlich eher unrealistisch.»
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten